Ein Klassiker der antisemitischen Propaganda ist der Vorwurf, Juden würden die Gesellschaft spalten. Dabei wurden sie in diesem abstrakten Bedrohungsszenario nie als Gruppe gesehen, die sich abzuspalten droht, sondern als Fremdlinge, die die vermeintlich solidarische Gemeinschaft vorsätzlich zerreißen, um aus den entstehenden Konflikten Profit zu schlagen. Auch andere Gruppen haben diese Erfahrungen tief in ihr kollektives Gedächtnis integrieren müssen. Armenier, Kurden, Jesiden und andere Minoritäten wurden historisch immer wieder zum Faustpfand für Appeasement und künstliche Solidarität von Mehrheitsgesellschaften.
Aus armenischer Sicht waren insbesondere die – frei nach Adorno – “Gerüchte über die Armenier” zu nennen, die sich mit den rassistischen Stereotypen über die Juden größtenteils decken und somit Parallelen bei der Verfolgung der beiden Gruppen erzeugten. Beide Gruppen wurden daher auch häufig als Sündenböcke instrumentalisiert, um eine vermeintliche Spaltung der Gesellschaft zu konstruieren: “Der Armenier ist wie der Jude, außerhalb seiner Heimat ein Parasit” – General Fritz Bronsart von Schellendorf, Chef des osmanischen Feldheeres in Konstantinopel, 1919.
Teilnehmer:
Dastan Jasim: Politikwissenschaftlerin und doctoral fellow beim German Institute for Global and Area Studies
Erica Zingher: Redakteurin im Ressort taz zwei für Gesellschaft und Medien
Georgi Ambarzumjan: Präsident von AGBU Germany
Die Moderation führte Hengameh Yaghoobifarah.